Statement zu Festnahmen und polizeilicher Kriminalisierung – Protest „Verteidigt Rafah, verteidigt Palästina“ am 3. Mai 2025 in Berlin

English version below:

Um die Dokumentation von der Staatsrepression und Polizeigewalt bei Demonstrationen an einem Ort einfach zugängig zu machen, wird das folgende Statement von PA-Allies und der Arrest Press Unit hier auch auf der PS Webseite mit Erlaubnis von PA-Allies und der Arrest Press Unit aufgelistet:

von Pallies und der Arrest Press Unit
Berlin, 3. Mai 2025

Am 3. Mai 2025 versammelten sich Demonstrierende um 15 Uhr am Checkpoint Charlie in Berlin-Mitte unter dem Slogan „Verteidigt Rafah, verteidigt Palästina“, um gegen den andauernden Genozid in Gaza zu protestieren – mit Fokus auf Israels brutalen und sich verschärfenden Angriff auf Rafah. Über 1,4 Millionen Palästinenser*innen – die meisten von ihnen durch frühere Phasen von Israels Militäroperation vertrieben – sind derzeit in Rafah eingeschlossen, nur um in sogenannten „Sicherheitszonen“ bombardiert, ausgehungert und massakriert zu werden. Die Demonstrierenden forderten ein sofortiges Ende der ethnischen Säuberung von Rafah und verurteilten Deutschlands Unterstützung dieses Genozids durch Waffenexporte, diplomatische Rückendeckung und Repression palästinensischer Stimmen.

Wie bei früheren Protesten reagierte die Berliner Polizei mit übergriffiger Repression. Fünf Personen wurden festgenommen, darunter zwei gewaltsam. Die dokumentierten Vorfälle zeigen ein anhaltendes Muster unverhältnismäßiger und rechtswidriger Gewalt, Kriminalisierung palästinensischer Existenz und Komplizenschaft mit rechtsextremen Kräften.

  • Polizeigewalt und Kriminalisierung von Symbolen und Meinungsäußerung
    Eine ältere Frau wurde von zwei Polizeibeamt*innen zu Boden gestoßen und festgenommen, nur weil sie eine Kufiya in die Luft hielt. Trotz ihres sichtbaren Alters und ihres friedlichen Auftretens wurde sie von Polizeibeamt*innen gewaltsam gepackt und festgehalten. Eine weitere Frau wurde festgenommen, nachdem sie eine Palästina-Flagge hoch hielt. Die Polizei warf ihr vor, „Pressearbeit zu behindern“ – ein haltloser Vorwurf, der lediglich zur Rechtfertigung ihrer körperlichen Festnahme diente. Ihr Handgelenk wurde verletzt, als Polizisten ihren Arm aggressiv verdrehten.

  • Polizei verbot Rufe wie „Zionisten sind Faschisten“, obwohl ein vorheriges Berliner Gerichtsurteil die Legalität dieses Slogans bestätigt hatte. Auch der Ruf „Israel go to hell“ wurde untersagt, und Beamt*innen drohten Teilnehmenden mit Festnahme, falls sie ihn äußerten. Das Hochhalten von Kufiyas wurde vollständig verboten – was zeigt, wie selbst visuelle Zeichen palästinensischer Identität in Berlin inzwischen als Provokation gelten.

Rechtsextreme Provokation und polizeiliche Komplizenschaft

  • Neonazis waren bei der Demonstration anwesend und filmten Teilnehmende für einen bekannten rechtsextremen YouTube-Kanal. Sie zeigten Nazi-Gesten, drohten verbal und gefährdeten wiederholt die Demonstrierenden – insbesondere sichtbar muslimische und rassifizierte Personen. Trotz mehrfacher Beschwerden von Veranstaltenden und Teilnehmenden weigerte sich die Berliner Polizei einzugreifen. Die Beamt*innen ignorierten die offensichtliche und akute Gefahr durch die rechtsextremen Personen und konzentrierten sich stattdessen auf die Repression der pro-palästinensischen Demonstrierenden.

Demonstrationsort durch Polizeientscheidung blockiert

  • Der ursprüngliche Ort der Versammlung wurde von der Polizei verboten. Die Demonstrierenden wurden gezwungen, den Ort zu wechseln – ein weiteres Beispiel administrativer Repression mit dem Ziel, palästinensische Stimmen aus dem öffentlichen Raum zu verdrängen. Zusätzlich wurde der Demonstration das Marschieren untersagt und sie wurde von der Berliner Versammlungsbehörde als stationäre Kundgebung deklariert. Seit dem 8. Februar 2025 haben die Berliner Behörden eine Reihe restriktiver Vorschriften und Verbote erlassen, die sich gezielt gegen pro-palästinensische Demonstrationen richten. Arabische Sprechchöre wurden ausdrücklich verboten, Demonstrationszüge in stationäre Versammlungen umgewandelt, und insbesondere palästinensischen Aktivist*innen wurde die Teilnahme an öffentlichen Versammlungen untersagt.

Diese Repression dient nicht der Sicherheit. Sie dient dem Schweigen.
Während Rafah in Schutt und Asche gelegt wird und Massengräber Alltag des Genozids sind, versucht Deutschland, selbst symbolische Solidarität zu unterdrücken. Palästinenser*innen und ihre Verbündeten werden kriminalisiert, weil sie sich einem Genozid widersetzen, den der deutsche Staat materiell und politisch ermöglicht. Versammlungsfreiheit und Meinungsfreiheit sind keine Privilegien – sie sind Rechte. Die Bewegung für ein freies Palästina wird nicht zum Schweigen gebracht und wird weiterhin auf die Straße gehen.

Wir fordern:

  • ein sofortiges Ende der unverhältnismäßigen und rechtswidrigen Polizeigewalt

  • eine unabhängige Untersuchung und Überprüfung der Polizeigewalt

  • die Suspendierung von Polizist:innen, die rechtswidrige Gewalt anwenden

  • die Einführung von Kinderschutzmaßnahmen bei Demonstrationen und die uneingeschränkte Einhaltung der UN-Kinderrechtskonvention

  • Schutzmaßnahmen für gefährdete Gruppen, wie Menschen mit Behinderungen, vor Polizeigewalt

Wir lassen uns nicht zum Schweigen bringen. Der Protest für ein freies Palästina wird auf den Straßen Berlins weitergehen.

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Statement on Arrests and Police Criminalization – Protest “Defend Rafah, Defend Palestine” on May 3, 2025 in Berlin

by Pallies and the Arrest Press Unit

Berlin, May 3, 2025

On May 3, 2025, demonstrators gathered at 3 PM at Checkpoint Charlie in Berlin-Mitte under the slogan "Defend Rafah, Defend Palestine" to protest the ongoing genocide in Gaza, with a focus on Israel’s brutal and now intensifying assault on Rafah. Over 1.4 million Palestinians—most of them displaced by earlier stages of Israel’s military campaign—are currently trapped in Rafah, only to be bombed, starved, and massacred in so-called “safe zones.” Protesters called for an immediate end to the ethnic cleansing of Rafah and denounced Germany’s support of this genocide through arms exports, diplomatic cover, and repression of Palestinian voices.

As with previous protests, Berlin police responded with heavy-handed repression. Five people were arrested, including two violently. The documented incidents reflect a continuing pattern of disproportionate force, unlawful police violence, criminalization of Palestinian existence, and complicity with far-right threats.

  • Police Violence and Criminalization of Symbols and Speech
    An elderly woman was thrown by two police officers to the ground and arrested simply for raising a keffiyeh in the air. Despite her visible age and peaceful demeanor, officers violently tackled and detained her. Another woman was arrested after holding a Palestinian flag. Police accused her of “obstructing press work”—a charge that had no basis and served only to justify her physical detention. Her wrist was injured as officers aggressively twisted her arm.

  • Police banned chants such as “Zionists are fascists,” despite a prior Berlin court ruling affirming the legality of this slogan. The chant “Israel go to hell” was also forbidden, and officers threatened participants with arrest if they used it. Raising keffiyehs was prohibited entirely—exposing how even visual markers of Palestinian identity are now treated as provocations in Berlin.

Far-Right Provocation and Police Complicity

  • Neo-Nazis were present at the demonstration, filming participants for a known far-right YouTube channel. They used Nazi gestures, issued verbal threats, and repeatedly endangered demonstrators—especially visibly Muslim and racialized attendees. Despite multiple complaints by organizers and participants, the Berlin police refused to intervene. Officers ignored the clear and present threat posed by the far-right presence while focusing their attention on repressing pro-Palestinian protesters.

Protest Location Obstructed by Police Decision

  • The original protest location was banned by police. Protesters were forced to relocate—another instance of administrative repression designed to marginalize Palestinian voices from public spaces. In addition, the protest was not permitted to march and was declared a stationary gathering by the Berlin assembly authority (Versammlungsbehörde). Since February 8, 2025, Berlin authorities have imposed a series of restrictive regulations and bans targeting pro-Palestinian demonstrations. Arabic chants have been explicitly prohibited, protest marches have been reduced to stationary gatherings, and in particular, Palestinian activists have been banned from participating in public assemblies.

This repression is not about security. It is about silencing
While Rafah is reduced to rubble and mass graves grow, Germany seeks to suppress even symbolic solidarity. Palestinians and their allies are criminalized for resisting a genocide the German state materially and politically enables. Freedom of assembly and expression are not privileges—they are rights. The movement for a free Palestine will not be silenced and will continue to take to the streets.

We demand:

  • an immediate end to disproportionate and unlawful police violence

  • an independent investigation and review of police violence

  • the suspension of police officers who use unlawful violence

  • the introduction of child protection measures at demonstrations and unconditional compliance with the UN Convention on the Rights of the Child

  • protective measures for vulnerable groups, such as people with disabilities, from police violence

We will not be silenced. The protest for a free Palestine will continue on the streets of Berlin.

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Statement zur Polizeigewalt bei der Demonstration „NAKBA, 77 Jahre Widerstand“ am 15. Mai 2025 in BERLIN - DEUTSCHE POLIZEI ESKALIERT RECHTSWIDRIGE REPRESSION GEGEN PALÄSTINA-SOLIDARITÄT.

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Statement zu Verhaftungen, massiver Polizeigewalt, Gewalt und Kriminalisierung – 16.04.2025 - Studentische Universitätsbesetzung und Protest an der Humboldt-Universität Berlin