Offener Brief an die Bundesregierung: Unbedingter Einsatz für die Menschenrechte der Palästinenser:innen
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An den Bundespräsidenten,
an die Bundeskanzlerin,
an die Bundesregierung,
an die Mitglieder des Deutschen Bundestages,
an die deutschen Mitglieder des Europäischen Parlaments,
angesichts der massiven Verletzungen des Völkerrechts in Palästina-Israel sind wir bestürzt über die erneute Aussage des Bundespräsidenten worin “uneingeschränkte Solidarität” mit Israel ausgedrückt wird. Wir lesen das als eine Unterstützung der Ermordung von Zivilist:innen, Landnahme, Siedlungsbau, Vertreibung, schließlich Apartheid nach internationalem Recht und fordern eine Klarstellung, die mit Grundgesetz und Menschenrechten vereinbar ist.
Wir fordern, dass die Bundesregierung sich für die Menschenrechte der Palästinenser:innen in Palästina-Israel einsetzt und die deutlich überlegene und hochmilitarisierte Partei in ihre rechtlichen Schranken verweist. Ein Israel jenseits des Völkerrechts darf keine Unterstützung erfahren. Deutschland hat die Pflicht, jegliche Verstöße gegen das Völkerrecht zur Prüfung an den Internationalen Strafgerichtshof zu verweisen.
Zur aktuellen Lage in Gaza
Seit Beginn des israelischen Bombardements ziviler Gebiete im Gazastreifen ab dem 11. Mai 2021 wurden 219 Menschen ermordet, davon 63 Kinder (Stand 19.05.2021). Nach UN Angaben haben ca. 58.000 Palästinenser:innen durch israelische Luftangriffe ihre Häuser und Wohnungen verloren. Des Weiteren wurde zivile Infrastruktur, wie Zugangsstraßen zu Krankenhäusern, das Stromnetz und Bildungseinrichtungen gezielt zerstört. Am 15.05.2021 bombardierte und zerstörte die israelische Armee das “Gaza Mediencenter”, in dem zahlreiche internationale Medien ihre Büros hatten, was eine Berichterstattung über die Kriegsverbrechen zunehmend erschwert. Der Gazastreifen ist seit 2007 von Israel abgeriegelt und befindet sich unter militärischer Belagerung. Nach Angaben der UN ist der Gazastreifen aufgrund der völkerrechtswidrigen Belagerung bereits seit 2020 unbewohnbar.
Israelisches Staatsgebiet
Im offiziellen israelischen Staatsgebiet kommt es seit Wochen zu Lynchmobs von bewaffneten Siedler:innen, die Jagd auf Palästinenser:innen mit israelischer Staatsbürgerschaft machen. Diese ziehen durch Städte wie Lid, Haifa, Yafa und greifen palästinensisches Eigentum, Geschäfte, Familienhäuser und Individuen an. Die israelische Polizei deckt und schützt die Siedler:innen. In mehreren palästinensischen Städten wurden zivile Proteste von Palästinenser:innen von der israelischen Polizei brutal niedergeschlagen. Die dort lebenden Palästinenser:innen sind trotz israelischer Staatsbürgerschaft Bürger:innen dritter Klasse und von massiver struktureller rassistischer Diskriminierung betroffen.
Westjordanland
In zahlreichen palästinensischen Städten im Westjordanland haben sich die Menschen mit den Opfern der israelischen Bombenangriffe auf Gaza und den palästinensischen Betroffenen der Hetzjagden in Israel und in Jerusalem solidarisiert. Dabei wurden sie mit massiver Waffengewalt seitens der israelischen Armee daran gehindert, ihre Forderungen auf die Straße zu tragen. Seit dem 10. Mai erschoss die israelische Armee 25 Palästinenser:innen und verletzte 6.309 (Stand: 19.05.2021). Das Westjordanland ist seit 1967 von Israel militärisch besetzt. Die dort lebenden Palästinenser:innen sehen sich einem Apartheid-Regime und dem zunehmenden Landraub durch israelische Siedler:innen ausgesetzt - beides Tatbestände, die Verbrechen gegen die Menschlichkeit, bzw. Kriegsverbrechen darstellen. Das Westjordanland wird außerdem durch die völkerrechtswidrige Mauer und zahlreiche militärischen Checkpoints durchsiebt und vom Rest des Landes getrennt.
In Ost-Jerusalem
Ost-Jerusalem wurde 1967 von Israel erst besetzt und 1980 völkerrechtswidrig annektiert. Palästinenser:innen in Jerusalem verfügen nicht über die gleichen Rechte wie jüdische Israelis. Neben der strukturellen Benachteiligung und Verarmung der palästinensischen Bewohner:innen der Stadt wurden seit 1967 über 14.000 Palästinenser:innen vertrieben. Aktuell ist diese Politik der ethnischen Säuberung im Viertel Sheikh Jarrah zu beobachten. Momentan sind 27 palästinensische Familien, ca. 500 Menschen, von Enteignung und Vertreibung bedroht. Dies stellt einen eklatanten Verstoß gegen internationales Recht dar, denn der Transfer von Bewohner:innen durch eine Besatzungsmacht ist illegal. Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag ermittelt bereits gegen Israel aufgrund von Verstößen gegen das Völkerstrafrecht und wird auch diese Vertreibungen als Kriegsverbrechen zu untersuchen haben.
Seit dem 04. Mai 2021 stürmt die israelische Militärpolizei immer wieder das Viertel Sheikh Jarrah und greift die palästinensischen Bewohner:innen sowie Aktivist:innen an. Schlagstöcke, Stinkwasser, Blendgranaten und berittene Pferde werden eingesetzt. In die Familienhäuser warfen Besatzungskräfte zudem immer wieder Tränengaskanister. Im Mai 2021 stürmte die israelische Armee die Al Aqsa Moschee, den drittheiligsten Ort aller Muslim:innen weltweit, und griff damit die Gläubigen während des für Muslime heiligen Monats Ramadan an. Die Armee setzte Tränengas und mit Gummi beschichtete Munition ein. Hunderte Palästinenser:innen wurden verwundet.
Vor diesem Hintergrund fordern wir die Bundesregierung auf,
sich unverzüglich für eine sofortige Beendigung der Bombardierungen auf Gaza sowie der völkerrechtswidrigen Landnahme in den übrigen palästinensischen Gebieten einzusetzen.
der völkerrechtlichen Verpflichtung, Israels Straflosigkeit zu beenden, nachzukommen und Israel zur Rechenschaft zu ziehen.
jegliche politische und materielle Unterstützung für israelische Kriegsverbrechen einzustellen; u.a. mit einem Waffenembargo.
Um einen dauerhaften Frieden in Palästina-Israel zu ermöglichen, die Freiheit der Palästinenser:innen zu erreichen und die fortwährenden kolonialen Ungerechtigkeiten zu überwinden, muss die Bundesregierung sich darüber hinaus unverzüglich einsetzen für:
Die sofortige Aufhebung der Blockade des Gazastreifens
Das Ende der israelischen Besatzung und Besiedelung des Westjordanlands und den Abriss der Mauer
Ein Ende der Vertreibungen von Palästinenser:innen und des Landraubs von palästinensischem Besitz
Das Rückkehrrecht für alle geflüchteten Palästinenser:innen
Gleiche Rechte für Palästinenser:innen in Palästina-Israel
Unterzeichnende Organisationen
Palästina Spricht – Koalition für Palästinensische Rechte und gegen Rassismus
Palestinian Panthers, Berlin
Deutsch-Palästinensische Gesellschaft e.V.
Palästina Antikolonial
ADEFRA e.V., Schwarze Frauen in Deutschland
Center for Intersectional Justice (CIJ)
QuARC - Berlin Queers Against Racism and Colonialism
Internationale Liga für Menschenrechte
Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost e.V.
Jüdisch-Israelischer Dissens Leipzig
Jüdischer antifaschistischer Bund, Berlin
Jüdisch-Palästinensische Dialoggruppe, München
Verein zur Förderung des Friedens in Israel und Palästina e.V.
Salam Shalom, Arbeitskreis Palästina-Israel e.V.
Free Palestine FFM
Palästinakomitee Stuttgart e.V.
Kulturbrücke Palästina Thüringen e.V.
Deutsch-Palästinensische Gesellschaft, Kassel
Palästina Mahnwache Bremen, Initiative Nordbremer gegen den Krieg
Palästina/Nahost-Initiative Heidelberg
Das Palästina Portal
PSV e.V. - Palästinensischer Studentenverein Berlin -Brandenburg
Arab.AMP
Berlin Muslim Feminists
Berlin Migrant Strikers
AK Nahost Berlin
Afghan Refugees Movement
Artists for Palestine UK
Ni Una Menos Berlin
Berlin against Pinkwashing
NOMEN Collective
Duisburger Netzwerk gegen Rechts
Die LINKE Berlin Internationals
Landesarbeitsarbeitsgemeinschaft "Gerechter Frieden in Nahost" der Partei DIE LINKE. Niedersachsen
Bloque Latinoamericano Berlin
Mawvn - rassismuskritische Selbstorganisation von Mapuche und nicht-Mapuche
Black Earth- BIPoC Environmental &Climate Justice Kollektiv Berlin
The Arab Exiled community in Berlin (InExile)
GLADT e.V.
BDS Berlin
Sudan Uprising Germany
Queens Against Borders
korientation. Netzwerk für Asiatisch-Deutsche Perspektiven e.V.
marx21.de
Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ)
Studis gegen rechte Hetze, Frankfurt am Main
CoLiberation Berlin
Dziewuchy Berlin
Praxies - Iranian Communist Collective
Heidelberger Forum gegen Militarismus und Krieg
Tlaxcala, das Übersetzernetzwerk für sprachliche Vielfalt
Holla e.V. - Zentrum für intersektionale Gesundheit
International Women* Space
Citizens Summons - Adherents to the Sixth Declaration of the Lacandon Jungle
be'kech Berlin
Tlaxcala, das Übersetzernetzwerk für sprachliche Vielfalt
La6izi Community e.V.
Neue Demokratische Jugend Frankfurt
Internationaler Kultur und-Solidaritätsverein (IKS) Regensburg e.V.
Kinderseelenschützer e.V. - Gemeinsam gegen Kindesmisshandlung
Berlin for India
Visions for Syria
Solidarisch Kämpfen Hamburg
Bündnis internationalistischer Feministinnen*
Kolumbienkampagne Berlin
Kollektivbibliothek, New Yorck im Bethanien
MINCE e.V.
AL.Berlin GbR
Selbstuniversitaet e.V / Raumerweiterungshalle
NAWARA Berlin
Unterzeichnende Einzelpersonen
Open Letter to the Federal Government of Germany
Urgent commitment to Palestinian human rights
To the Federal President,
to the Chancellor,
to the Federal Government,
to the members of the German Bundestag,
to the German members of the European Parliament,
In light of the massive violations of international law in Palestine-Israel, we are dismayed by the Federal President's renewed statement of "unconditional solidarity" with Israel. We view this as support for the murder of civilians, property theft, illegal settlement construction, displacement, and finally systematic apartheid according to international law. We demand a resolution that abides by international law and human rights.
We demand that the Federal Government stand up for Palestinian human rights: within Palestine-Israel, we also demand that the superior and highly militarized party be relegated to its legal obligations. An Israel violating international law must not receive any support, and violations of international law must not be tolerated and must be referred to the International Criminal Court for examination with the support of Germany.
On the current situation in Gaza
On May 11, 2021 Israel began bombing the civilian districts inside Gaza Strip, murdering 219 people, 63 of which were children (as of May 19, 2021). According to the UN, approximately 58,000 Palestinians have lost their houses and apartments to Israeli air strikes. Furthermore, civil infrastructure such as roads to hospitals, the power grid and educational facilities were deliberately destroyed. On May 15, 2021, the Israeli army bombed and destroyed the “Gaza Media Center”, where numerous international media offices were stationed, making it increasingly difficult to report on its war crimes. The Gaza Strip has been suffering under a blockade by Israel since 2007, and has been under military siege ever since. According to the UN, the Gaza Strip has been uninhabitable since 2020 due to the illegal siege.
Israeli territory
In the official territory of Israel, for weeks there have been lynch mobs of armed settlers hunting down Palestinians with Israeli citizenship. These mobs move through cities like Lid, Haifa, Yafa and attack Palestinian property, shops, family houses and individuals. The Israeli police cover and protect these settlers, while the affected Palestinians have no support whatsoever. In several Palestinian cities, Palestinian civil protests have been brutally suppressed by Israeli police. Despite holding Israeli citizenships, the Palestinians living inside the Israeli territory are treated like and considered to be 3rd class citizens, they are also subjected to massive structural racist discrimination.
West Bank
In numerous Palestinian cities inside the West Bank, people have shown solidarity with the victims of the Israeli bombing on Gaza, and the Palestinians affected by the hunts inside Israel and Jerusalem. The Israeli army used massive armed force to prevent them from taking their demands to the streets. Since May 10, 2021, it has shot and killed 25 Palestinians and injured over 6.309 (as of May 19, 2021). The West Bank has been under military occupation by Israel since 1967. Meanwhile, the Palestinians living there find themselves in an apartheid regime, in addition to the accelerating rate of property theft conducted by Israeli settlers - both of these facts represent crimes against humanity and/or war crimes. The West Bank is also divided up by the illegal wall and numerous military checkpoints, which separate it from the rest of the country.
In East Jerusalem
East Jerusalem was occupied by Israel in 1967 and annexed in violation of international law in 1980. Palestinians inside Jerusalem do not have the same rights as Jewish Israelis. In addition to the structural disadvantage and impoverishment of the Palestinian residents in the city, over 14,000 Palestinians have been displaced since 1967. This policy of ethnic cleansing can currently be observed in the Sheikh Jarrah district. Currently 27 Palestinian families, around 500 people, are threatened with expropriation and displacement. This represents a blatant violation of international law, because the transfer of residents by an occupying power is illegal. The International Criminal Court in Hague is already investigating Israel for violations of international criminal law and will also have to investigate these expulsions as war crimes.
Since May 4, 2021, the Israeli military police have been laying siege to the neighborhood in Sheikh Jarrah and attacking Palestinian residents and activists. Batons, “skunk” water, stun grenades and mounted horses are used. Occupation forces also repeatedly threw tear gas canisters into the family houses. In May 2021, the Israeli army stormed the Al Aqsa Mosque, the third holiest place for Muslims in the world, and attacked the faithful during the Muslim month of Ramadan. The army used tear gas and rubber-coated ammunition. Hundreds of Palestinians were wounded.
Based on this background, we call on the Federal Government to:
campaign immediately for an instantaneous end to the bombing of Gaza, as well as the illegal property theft in the other Palestinian territories.
fulfill the international legal obligation of Israel to end their impunity and to hold Israel accountable.
cease all political and material support for Israeli war crimes; establish an arms embargo, among other things, to comply with this.
In order to enable lasting peace in Palestine-Israel, to achieve the freedom of the Palestinians and to overcome the ongoing colonial injustices, the Federal Government must also work immediately for:
The immediate lifting of the blockade on Gaza
The end of the Israeli occupation and settlement of the West Bank and the demolition of the wall
An end to the evictions of Palestinians and theft of Palestinian property
The right of return for all Palestinian refugees
Equal rights for Palestinians in Palestine-Israel
Signatories (organisations)
Palästina Spricht – Koalition für Palästinensische Rechte und gegen Rassismus
Palestinian Panthers, Berlin
Deutsch-Palästinensische Gesellschaft e.V.
Palästina Antikolonial
ADEFRA e.V., Schwarze Frauen in Deutschland
Center for Intersectional Justice (CIJ)
QuARC - Berlin Queers Against Racism and Colonialism
Internationale Liga für Menschenrechte
Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost e.V.
Jüdisch-Israelischer Dissens Leipzig
Jüdischer antifaschistischer Bund, Berlin
Jüdisch-Palästinensische Dialoggruppe, München
Verein zur Förderung des Friedens in Israel und Palästina e.V.
Salam Shalom, Arbeitskreis Palästina-Israel e.V.
Free Palestine FFM
Palästinakomitee Stuttgart e.V.
Kulturbrücke Palästina Thüringen e.V.
Deutsch-Palästinensische Gesellschaft, Kassel
Palästina Mahnwache Bremen, Initiative Nordbremer gegen den Krieg
Palästina/Nahost-Initiative Heidelberg
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PSV e.V. - Palästinensischer Studentenverein Berlin -Brandenburg
Arab.AMP
Berlin Muslim Feminists
Berlin Migrant Strikers
AK Nahost Berlin
Afghan Refugees Movement
Artists for Palestine UK
Ni Una Menos Berlin
Berlin against Pinkwashing
NOMEN Collective
Duisburger Netzwerk gegen Rechts
Die LINKE Berlin Internationals
Landesarbeitsarbeitsgemeinschaft "Gerechter Frieden in Nahost" der Partei DIE LINKE. Niedersachsen
Bloque Latinoamericano Berlin
Mawvn - rassismuskritische Selbstorganisation von Mapuche und nicht-Mapuche
Black Earth- BIPoC Environmental &Climate Justice Kollektiv Berlin
The Arab Exiled community in Berlin (InExile)
GLADT e.V.
BDS Berlin
Sudan Uprising Germany
Queens Against Borders
korientation. Netzwerk für Asiatisch-Deutsche Perspektiven e.V.
marx21.de
Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ)
Studis gegen rechte Hetze, Frankfurt am Main
CoLiberation Berlin
Dziewuchy Berlin
Praxies - Iranian Communist Collective
Heidelberger Forum gegen Militarismus und Krieg
Tlaxcala, das Übersetzernetzwerk für sprachliche Vielfalt
Holla e.V. - Zentrum für intersektionale Gesundheit
International Women* Space
Citizens Summons - Adherents to the Sixth Declaration of the Lacandon Jungle
be'kech Berlin
Tlaxcala, das Übersetzernetzwerk für sprachliche Vielfalt
La6izi Community e.V.
Neue Demokratische Jugend Frankfurt
Internationaler Kultur und-Solidaritätsverein (IKS) Regensburg e.V.
Kinderseelenschützer e.V. - Gemeinsam gegen Kindesmisshandlung
Berlin for India
Visions for Syria
Solidarisch Kämpfen Hamburg
Bündnis internationalistischer Feministinnen*
Kolumbienkampagne Berlin
Kollektivbibliothek, New Yorck im Bethanien
MINCE e.V.
AL.Berlin GbR
Selbstuniversitaet e.V / Raumerweiterungshalle
NAWARA Berlin
Signatories (individuals)
Pressemitteilung: Breite und solidarische Unterstützung auf pro-Palästina Demonstrationen zum Tag der Nakba
Foto: Mathilde Babo
Palästina Spricht rief anlässlich des Tags der Nakba (“Katastrophe”) in mehreren deutschen Städten zu Demonstrationen und Kundgebungen am 15.05.2021 auf. Palästina Spricht ist eine politische, feministische und anti-rassistische Bewegung. Sie vereint palästinensische und nicht-palästinensische Individuen, Aktivist*innen sowie verschiedene Menschenrechtsgruppen in Deutschland.
In Berlin schlossen sich 15.000 Menschen der Demonstration von Palästina Spricht an. Auch zahlreiche antirassistische und internationalistische Initiativen waren dem Aufruf gefolgt. In Berlin, am Ort der größten palästinensischen Diaspora-Gemeinde außerhalb der arabischen Welt, konnte so ein starkes Zeichen der internationalen Solidarität mit den palästinensischen Befreiungsbewegungen gesetzt werden.
In Frankfurt (5.000), Köln (3.000), Stuttgart (3.000), Kassel (600), Hamburg (600) und Freiburg (600) begleiteten ebenfalls Tausende die von Palästina Spricht veranstalteten Kundgebungen.
Dabei standen sowohl die Erinnerung an die Vertreibung der Palästinenser*innen und ethnische Säuberungen im Zuge des zionistischen Siedlungskolonialismus als auch der Protest gegen die derzeitige massive Gewalt gegen Palästinenser*innen, vor allem in Gaza und Jerusalem, im Mittelpunkt.
Die politischen Forderungen, die Palästina Spricht und ihre Verbündeten auf den Demonstrationen formulierten, sind folgende:
Ein sofortiges Ende der Bombardierung von Gaza durch das israelische Militär
Die Dekolonialisierung Palästinas und die Herstellung von gleichen Rechten für alle Menschen, die auf dem Gebiet des historischen Palästinas zwischen Mittelmeer und Jordan leben
Das Rückkehrrecht für alle 1948 und 1967 geflüchteten Palästinenser*innen
Das Ende der materiellen und ideellen Unterstützung der deutschen Bundesregierung von Kriegsverbrechen durch die einseitige Solidarität mit Israel
Auf den Demonstrationen und Kundgebungen wurden weiterhin deutliche Statements gegen jeglichen Antisemitismus oder Faschismus unter dem Vorwand der Palästinasolidarität vorgetragen.
Rund um die Veranstaltungen von Palästina Spricht kam es, ebenso wie bei anderen von palästinensischen Gruppen veranstalteten Demonstrationen und Kundgebungen in den letzten Tagen, in ganz Deutschland zu ungerechtfertigten Repressionen und Polizeigewalt. Eine Sprecherin von Palästina Spricht formulierte deshalb:
“Sowohl Polizei als auch Behörden versuchten zuletzt vehement den lauten Protest von Palästinenser*innen und solidarischen Menschen zu verhindern. Während Demonstrationen von Corona-Leugner*innen unbehelligt bleiben, werden vielerorts gezielt pro-palästinensische Versammlungen unter dem oft völlig unbegründeten Vorwand der Nichteinhaltung der Hygieneregeln aufgelöst. Vielmehr sorgte die Polizei durch unverhältnismäßiges Eingreifen erst dafür, dass Hygieneregeln auf den Demonstrationen und Kundgebungen nicht eingehalten werden konnten.”
Medien berichten derzeit nur sehr einseitig über die Demonstrationen und Kundgebungen, Polizeigewalt wird legitimiert und der starke und solidarische Protest ausgeblendet. Eine weitere Sprecherin von Palästina Spricht betonte:
“Gerade angesichts der jahrzehntelangen Unterdrückung und der andauernden Entrechtung gegenüber uns Palästinenser*innen ist es besonders wichtig, dass unser selbstorganisiertes Aufbegehren für Freiheit und ein Leben in Würde adäquat von den Medien repräsentiert wird.”
Kontakt für Presseanfragen und nähere Informationen: info@palaestinaspricht.de
Statement gegen Antisemitismus unter dem Vorwand der Palästinasolidarität
Allen, die meinen, sie müssen ihren Antisemitismus unter dem Vorwand der Palästinasolidarität verbreiten, sei folgendes ans Herz gelegt: Wir brauchen Eure "Solidarität" nicht. Wenn Ihr Juden hasst, habt Ihr nichts bei uns verloren. Wir sind für ein freies Palästina, weil wir gegen alle Formen von Unterdrückung und menschenbezogener Feindlichkeit sind. Wir sind gegen den zionistischen Apartheidstaat Israel, aber wir sind auch gegen seine Gleichsetzung mit dem Judentum. Diese Gleichsetzung ist genauso antisemitisch wie der Spruch "Scheiß Juden". Wir stehen an der Seite der Juden und Jüdinnen, die nun von einigen für die Taten Israels verantwortlich gemacht und angegriffen werden, nur weil sie Juden und Jüdinnen sind. Und wir rufen gleichzeitig dazu auf, die brutale Gewalt, die von Israel ausgeht, und Dutzende Menschenleben kostet, zu verurteilen.
Wenn wir ein freies Palästina vom Mittelmeer bis zum Jordanfluss fordern, dann fordern wir kein Palästina ohne Juden und Jüdinnen. Sondern wir fordern, dass das historische Palästina befreit und dekolonisiert werden muss, befreit von Zionismus, von Besatzung, von (White) Jewish Supremacy und Rassismus, weil es einen freies Land braucht, in dem alle Menschen, die vom Jordan bis zum Mittelmeer wohnen, frei und gewaltlos leben können. Das bedeutet "Palestine will be free. From the River to the Sea".
Wieder Repressionen gegen Palästinasolidarität









In Berlin protestierten am Mittwoch Nachmittag mehrere Hundert Menschen lautstark für ein Ende der Gewalt gegen Palästinenser*innen in Jerusalem und Gaza sowie für die Dekolonialisierung Palästinas. Zu der Kundgebung aufgerufen hatten der Verein Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost sowie die Gruppen Jewish Antifa, Jewish Bund und Palästina Spricht.
Die Protestierenden waren während der gesamten Kundgebung massiven Repressionen durch die Einsatzkräfte der Berliner Polizei ausgesetzt. So verkleinerten die Polizist*innen durch Absperrungen und Abschirmungen zuerst die für die Protestierenden zur Aufstellung nutzbare Fläche auf dem Rathausvorplatz, um anschließend unter dem Vorwand der angeblichen Nichteinhaltung von Mindestabständen immer wieder gezielt einzelne Protestierende aus der Menge herauszuziehen und in Gewahrsam zu nehmen. Während und nach der Kundgebung wurden mindestens 15 Personen verhaftet. Derzeit ist unklar, wieviele von den Verhafteten noch nicht wieder auf freiem Fuß sind.
Die Polizei hatte diese Verhaftungen offenbar geplant und wollte bewusst Eskalationen herbeiführen. Es ist anzunehmen, dass sowohl gezielt Personen of colour mit prekären Aufenthaltsstati aus der Menge gezogen wurden als auch Personen, die bei den vergangen Demonstrationen am Ersten Mai und bei der pro-palästinensischen Demonstration am vergangenen Sonntag abgefilmt wurden. Die Einsatzkräfte der Polizei störten außerdem wiederholt die Kundgebung durch das martialische Einschreiten in die Menge der Protestierenden und durch laute Ansagen aus dem Lautsprecherwagen, darunter während der Redebeiträge einer jüdischen Genossin und eines palästinensischen Verwandten von Kriegsopfern aus Gaza, sowie während einer Schweigeminute.
Wir sind nicht überrascht über dieses Vorgehen der Berliner Polizei. Letztendlich bildet sich in den systematischen Repressionen gegen den lauten und kämpferischen Protest für Palästina nur die grundsätzliche Haltung der Bundesrepublik gegenüber Palästinenser*innen ab. Das Verhalten der Polizei ist nur die logische Konsequenz aus den deutschen Waffenlieferungen an Israel, einen völlig verdrehten Antisemitismusdiskurs sowie grassierendem Rassismus in den Sicherheitsbehörden.
Wir bitten alle diejenigen, die noch nicht wieder freigelassene Verhaftete kennen, sich bei uns zu melden (info@palaestinaspricht.de) oder die Rote Hilfe Berlin zu kontaktieren.
Auch wenn zukünftig wieder mit massiven Repressionen zu rechnen sein muss, werden wir uns von der Berliner Polizei nicht einschüchtern oder zum Schweigen bringen lassen.
Unsere Proteste für die Freiheit Palästinas gehen weiter.
#Savesheikhjarrah - Demonstration in Berlin gegen Siedlungskolonialismus und für Freiheit in Palästina







Fotos von Fadi Elias und Magdalena Vassileva / Photos of Fadi Elias and Magdalena Vassileva
[English and Arabic version below]
Am Sonntag, den 09.05.2021, demonstrierten in Berlin-Neukölln ca. 1.500 Menschen gegen die anhaltende Gewalt zionistischer Siedler*innen gegen Palästinenser*innen in Jerusalem und für die Befreiung Palästinas. „Palästina Spricht“ hatte nach erneuten Eskalationen der Gewalt gegen Palästinenser*innen in Jerusalem, besonders im Jerusalemer Stadtteil Sheikh Jarrah und rund um die Al-Aqsa-Moschee am Wochenende kurzfristig zu der Demonstration aufgerufen und mobilisiert. Dem Aufruf folgten zahlreiche palästinensische und palästinasolidarische Gruppen. Sowohl der Anfangskundgebung am Rathaus Neukölln als auch dem anschließenden Aufzug zum Hermannplatz über die Sonnenallee schlossen sich zahlreiche Protestierende an und bildeten so eine der größten pro-palästinensischen Demonstrationen in Berlin seit dem Krieg gegen Gaza im Sommer 2014. In den Rufen und Redebeiträgen wurde lautstark und kämpferisch die Befreiung Palästinas gefordert. Trotz der Wut, die viele Protestierende über die anhaltende, durch zionistische Siedler*innen verübte Gewalt gegen Palästinenser*innen zurecht empfinden, blieb die Demonstration friedlich. Es wurde versucht, auf die Einhaltung der Hygieneauflagen zu achten. Der Demonstrationszug konnte so ohne ein Eingreifen der Polizei bis zum Hermannplatz laufen. Dort kam es nach der Beendigung der Demonstration nach undurchsichtigem Eingreifen der Polizei zu vereinzelten Auseinandersetzungen mit Polizist*innen. Außerdem wurden vier Protestierende von den Einsatzkräften der Polizei verhaftet. Am Abend sind sie wieder freigekommen.
In unserem Redebeitrag während der Anfangskundgebung unterstrichen wir besonders unsere Vision der Dekolonialisierung Palästinas und betonten, dass wir auch in Deutschland konkrete Handlungen zur Befreiung Palästinas unternehmen können. Der Redebeitrag im Wortlaut:
„Wir würden gerne die Sonne genießen, mit unseren Familien spazieren gehen. Einige von uns würden gerne den Ramadan in Ruhe verleben, wir würden gerne still sein.
Aber wir können es nicht. Kolonialismus, Besatzung, Apartheid, der zionistische Staat - diese alle zwingen unsere Vorfahren, unsere Großeltern, unsere Eltern und uns seit 100 Jahren dazu, Widerstand zu leisten. Unser Palästina wird seit 100 Jahren bekriegt und wir können nicht anders als uns zu wehren. Wir wehren uns gegen Landnahme, gegen Enteignung, gegen Vertreibung, gegen ethnische Säuberung, gegen Verhaftungswellen, gegen die Hetzjagden und gegen Morde.
Schaut euch die Bilder an, die uns aus Palästina, aus Jerusalem, aus Sheikh Jarrah, aus der al –Aqsa-Moschee erreichen. Schaut euch den Hass an in den Augen der zionistischen Siedler*innen, schaut genau hin mit welcher Selbstverständlichkeit sie uns Palästinenser*innen jedes Stück Land und jedes Stück Geschichte entreißen wollen.
Aber schaut auch in die Augen der tapferen palästinensischen Protestierenden. Schaut in ihre Augen und seht die Entschlossenheit, mit der sie Jerusalem verteidigen, mit ihren bloßen Körpern gegen schwer bewaffnete rechtsradikale Siedler*innen und gegen die zionistische Besatzungsarmee. Die arabischen Bewohner*innen von Sheikh Jarrah gehen niemals weg, die Protestierenden in Jerusalem gehen niemals weg, wir gehen niemals weg, wir geben niemals auf und wir werden niemals aufhören, für ein freies Palästina zu kämpfen
From the river to the sea, Palestine will be free.
Palästina wird frei sein vom Mittelmeer bis zum Jordan. Palästina wird dekolonialisiert sein. Wir werden den Zionismus abschütteln und wir werden 100 Jahre Besatzung und Krieg gegen Palästina abschütteln.
Und wir werden auch das Schweigen, in das wir hier in Deutschland gehüllt werden, abschütteln. Schaut auch in unsere Augen und ihr erkennt die Entschlossenheit, mit der wir hier in Deutschland, in Berlin, gegen jede Unterstützung des zionistischen Staates und seiner Verbrechen ankämpfen werden.
Denn Palästina wird auch hier in Deutschland befreit. Wir sind nicht dazu verurteilt, still zu sein. Wir sind nicht dazu bestimmt, nur die Videos und Bilder aus Jerusalem zu teilen. Wir können hier in Deutschland jeden Tag gegen die Besatzung und gegen Apartheid kämpfen, wir können unsere Geschwister in Palästina mit konkreten Handlungen unterstützen.
Jeder Schritt heute hier auf den Straßen Berlins ist ein Schritt auf dem Weg zur Befreiung und Dekolonialisierung Palästinas.
Stoppt die Besatzung, stoppt den Krieg, Intifada bis zum Sieg!“
Palästina Spricht wird bereits in den nächsten Tagen mit den Aktionstagen gegen die andauernde Nakba und vielen Demonstrationen und Kundgebungen in ganz Deutschland den Kampf um die Befreiung Palästinas weiterführen:
https://www.palaestinaspricht.de/nakba2021
ENGLISH Version
On Sunday, May 9th, about 1,500 people demonstrated in Berlin-Neukölln against the continuing violence of Zionist settler colonialists against Palestinians in Jerusalem and for the liberation of Palestine. "Palestine Speaks" had called and mobilised for the demonstration at short notice after renewed escalations of violence against Palestinians in Jerusalem at the weekend. Numerous Palestinian and Palestine solidarity groups followed the call. Many protesters joined the initial rally at the Neukölln town hall and the subsequent march to Hermannplatz via Sonnenallee to form one of the biggest Pro-Palestinian demonstrations in Berlin since the war in Gaza in 2014. In continuous loud and powerful shouts and speeches the protesters called for the liberation of Palestine. Despite the anger that many protesters rightly feel about the ongoing violence perpetrated by Zionist settlers against Palestinians, the demonstration remained peaceful, and attempts were made to ensure that hygiene regulations were observed. The demonstration was able to proceed to Hermannplatz without police intervention. There, after the demonstration ended and the police intervened without transparent reason, there were isolated confrontations with police officers. In addition, four protesters were taken into custody by the police, but were released by the evening.
In our speech during the opening rally, we particularly emphasised our vision of decolonisation in Palestine and stressed that we can also take concrete action in Germany to liberate Palestine.
Palestine speaks will continue the struggle for the liberaton of Palestine with the upcoming “Ongoing Nakba Action Days” Campaign and several demonstrations and rallies all over Germany:
Pressemitteilung von Palästina Spricht zur 1. Mai Demonstration in Berlin
Am 1. Mai hat „Palästina spricht“ gemeinsam mit anderen palästinensischen, internationalistischen und lokalen Gruppen auf den Straßen Berlins demonstriert. Ein Tag der internationalen Solidarität mit allen Arbeiterbewegungen und den Freiheitskämpfen auf der ganzen Welt. Die 1. Mai-Demo war dieses Jahr eine Glanzleistung im Hinblick auf das breite Bündnis, in denen die Stimmen und Forderungen vieler verschiedener Kämpfe präsent waren. Es ist fast unmöglich, alle Beteiligten zu nennen - nur exemplarisch grüßen wir an dieser Stelle unsere kurdischen, armenischen, jüdischen, philippinischen, lateinamerikanischen, polnischen Genoss*innen, mit denen wir den Kampf für eine von Kapitalismus, Patriarchat und Rassismus befreite Welt gemeinsam kämpfen dürfen. Auch grüßen wir unsere Genoss*innen von Migrantifa Berlin, den Enteignungsblock, die Interkiezionale, sowie all die Radfahrer*innen, die sich uns aus Grunewald kommend angeschlossen haben.
Bei ihnen allen bedanken wir uns für den Zusammenhalt und für die großartige solidarische, kämpferische Stimmung.
Es ist allerdings kein Zufall, dass gerade diese stark aufgestellte und kämpferische Demonstration von der Polizei von Anfang an mehrfach gestoppt, am Laufen gehindert und später brutal angegriffen und aufgelöst wurde. Wir verurteilen es aufs Schärfste, dass die Polizei sich dazu entschieden hat, trotz reibungslosen Verlaufs der Demo zu gewaltvollen und äußerst gesetzeswidrigen Mitteln zu greifen. Mit den Angriffen auf einzelne Blocks sollten gezielt die solidarische Stimmung der Demonstration gebrochen und die gesamte Demonstration in Verruf gebracht werden.
Der massive Polizeiansturm von 5.600 Polizisten in Angriffsmontur ließ bereits im Vorfeld erahnen, dass kein friedlicher Umgang mit uns Demonstrant*innen vorgesehen war. Mitten auf der Sonnenallee, dem Zuhause vieler Teilnehmer*innen der Demo, wurden wir Zeuge davon, wie sich diese Vermutung leider bestätigte.
Grundlos gewalttätige Angriffe auf die Demonstranten*innen, Einsatz von Pfefferspray, massive körperliche Gewalt, verbale Attacken, Einschüchterungsversuche und 240 Verhaftungen waren das Ergebnis eines Tages, der international für Menschenrechte und Arbeitskampf steht und durch die Polizei in eine Schaubühne staatlicher Gesetzlosigkeit verwandelt wurde.
Wir fordern an dieser Stelle die sofortige Freilassung aller Gefangenen vom 1. Mai und die Einstellung aller Strafverfahren gegen sie!
Auch unsere Neuköllner Nachbarschaft weiß Bescheid: Die Polizei hat Neukölln als Eskalationsort auserkoren und wollte gerade hier für Stress sorgen, um eine Spaltung zwischen Demo und Anwohner*innen zu erreichen. Wir sind im Gespräch mit vielen, die auf der Sonnenallee leben und arbeiten, und auch ihnen ist aufgefallen: die Demonstrant*innen haben lediglich die Angriffe der Polizei abgewehrt und haben dabei die Geschäfte und Wohnungen bewusst unversehrt gelassen, weil dies nun mal unser Zuhause ist.
Am nächsten Tag setzten bürgerliche und Mainstream-Medien die Attacken gegen die Demonstration mit einer Welle der Diffamierung und frei erfundenen Geschichten fort. Von den offensichtlichen Verletzungen unserer Rechte wurde nicht berichtet, erst recht nicht von unseren Forderungen und den Gründen, die uns dazu veranlassen, dafür auf die Straße zu gehen.
Und wie nach so vielen Aktionen der Solidarität mit dem palästinensischen Volk wurden auch diesmal eine Reihe an falschen Behauptungen und unverschämten Verleumdungen in den Medien verbreitet.
Vom stets vorgefertigten Antisemitismus-Vorwurf bis hin zur falschen Behauptung des Rufes zur Vernichtung Israels: der enge Auffassungsrahmen einiger deutscher Journalist*innen zeigt vielmehr die Projektion ihres eigenen Rassismus .
Als wir den Ruf „From the river to the sea, Palestine will be free“ verlauten ließen, wurde dies beispielsweise zu einem Buddelkasten grotesker Auslegungen für deutsche Journalist*innen.
Laut der zionistischen Ideologie war und ist Israel ein Kolonialprojekt. Dieser Ruf bedeutet in diesem Sinne die Aufforderung zur Dekolonialisierung Palästinas und die Befreiung aller auf dem Gebiet des historischen Palästinas lebenden Menschen vom Joch der systematischen Unterdrückung durch den Staat Israel und dessen rassistischer zionistischer Ideologie. Der Ruf bedeutet die Hoffnung auf die Verwandlung eines rassistischen Systems in eine demokratische Form des Zusammenlebens von Israelis und Palästinenser*innen, in der Menschen frei und gleichberechtigt leben können. Er bedeutet das unaufhörliche Kämpfen gegen alle Formen des Rassismus und für eine bessere Welt, in der alle Menschen vom Jordan bis zum Mittelmeer in einer demokratischen Koexistenz zusammenleben, eine Welt, in der Gleichheit und Menschenrechte oberste Gebote darstellen.
Laut den kürzlich erschienenen Berichten von Human Rights Watch und der größten israelischen Menschenrechtsorganisation B´tselem wird nun das festgestellt, was wir Palästinenser*innen schon lange wissen: Israel ist ein Apartheidstaat, der die Palästinenser*innen systematisch unterdrückt!
Es ist daher unsere Pflicht und die Pflicht eines jeden freien Menschen für Freiheit, Gerechtigkeit, und Gleichheit einzutreten und zu kämpfen, hierfür kann und darf es keine Ausnahmen geben.
Der 1. Mai 2021 war ein solcher Tag, an dem wir die Freude und die Ehre hatten mit unseren so unterschiedlichen, doch im revolutionären Kampf vereinten Genoss*innen Schulter an Schulter zusammen zu laufen und unsere Stimmen für die Freiheit und die Menschenrechte zu erheben.
Der Kampf geht weiter, free Palestine!
Antisemitismusvorwürfe im Zuge des Gedenkens an Hanau
In ganz Deutschland nahmen im Zuge des Gedenkes an die rassistischen Morde von Hanau in den letzten Tagen palästinensische und palästinasolidarische Gruppen an Kundgebungen und Demonstrationen teil. In Reaktion auf die Anwesenheit dieser Gruppen und das Äußern von palästinasolidarischen Positionen kam es daraufhin zu Anfeindungen durch einige vorgeblich "linken", sich antirassistisch und antisemitismuskritisch gebenden Gruppen. Diese Gruppen versuchen so, das kämpferische Trauern um die Ermordeten von Hanau für ihren perfiden anti-palästinensischen Rassismus zu instrumentalisieren und selbstorganisierte migrantische Bündnisse zu spalten.
So riefen zum Beispiel am 19.02.21 in Köln-Nippes die Gruppen Palästina spricht NRW und Young Struggle Köln als Teile eines größeren Bündnisses unter anderem mit Migrantifa NRW zu einer Kundgebung auf, bei der von rassifizierten Menschen kämpferisch an die rassistischen Morde von Hanau erinnert wurde. Sowohl Palästina spricht NRW als auch Young Struggle Köln betonten in ihren Redebeiträgen die Zusammenhänge internationaler, rassistischer, kolonialistischer und kapitalistischer Gewalt. Während Young Struggle Köln explizit Gaza als Ort erwähnte, an dem die unterdrückerischen Auswirkungen von Kapitalismus und Kolonialismus sichtbar werden und bekämpft werden müssen, äußerte Palästina spricht NRW in einem eigenen Redebeitrag:
Wir fordern eine Welt, in der nicht nur Menschen in Palästina vom Fluss bis zum Meer, sondern alle Menschen überall frei von siedlungskolonialistischer Unterdrückung , Apartheid, Ausbeutung und Patriarchat leben können.
In einigen Reaktionen auf die Redebeiträge der beiden Gruppen wurden Young Struggle Köln und Palästina spricht NRW als "antisemitisch" bezeichnet und ihnen vorgeworfen, das Gedenken an Hanau zu instrumentalisieren. Vielmehr zeigt jedoch dieser (nicht begründete) Antisemitismusvorwurf, dass offensichtlich weiße, "linke" Gruppen sich an der Selbstorganisierung von migrantisierten Gruppen stören und ihrerseits kämpferische Gedenkveranstaltungen diffamieren wollen. Wenn beispielsweise das genannte Zitat aus dem Redebeitrag von Palästina spricht NRW in diffamierender und vorgeblich antisemitismuskritischer Art und Weise mit einem Aufruf zur Vernichtung Israels gleichgesetzt wird, so offenbart sich so vielmehr, dass im Verständnis der diesen Antisemitismusvorwurf äußernden Gruppen Siedlungskolonialismus, Apartheid, Ausbeutung und Patriarchat unbedingt zwischen dem Mittelmeer und dem Jordan-Fluss erhalten bleiben müssen - nämlich als "israelische" Staatsideologie, die ganz wesentlich die Eigenschaften aller jüdischen Menschen bestimme. Diese vorgenommene Gleichsetzung von Zionismus und "Jüdisch Sein" entlarvt letztendlich den tatsächlichen Antisemitismus dieser sich zwar antisemitismuskritisch gebenden, aber blind regressiven Ideologien folgenden Gruppen.
In Stuttgart riefen am 19.02.21 die Gruppen Palästina spricht Stuttgart, Young Struggle und andere Gruppen zu einer Kundgebung auf, bei der ebenfalls explizit koloniale und kapitalistische Unterdrückung auf der ganzen Welt, unter anderem in Palästina, zum Thema gemacht wurde. Dies geschah auch in Reaktion auf den Ausschluss von Young Struggle aus einem von Migrantifa Stuttgart organsierten Bündnis unter anderem mit einer zionistischen bürgerlichen Organisation, die im Laufe der Bündnisarbeit Young Struggle als antisemitisch diffamierten und den Ausschluss so erwirkten.
Es zeigt sich in Stuttgart zum wiederholten Male, genau wie zum Beispiel auch in Frankfurt während der Diffamierungskampagne gegen Free Palestine FFM im Oktober 2020, dass die Palästina-Frage in Deutschland eine Frage ist, bei der sich neoliberale, bürgerliche, weiße Strukturen offenbaren. Schließlich speist sich der neue deutsche Nationalstolz über das eigene Aufgeklärtsein, Reflektiertsein und Geläutertsein nach 1945 vor allem aus der Tatsache, dass struktureller Rassismus und Antisemitismus in Deutschland massiv verharmlost und mit dem Finger auf angebliche gefährliche palästinensische und palästinasolidarische Gruppen gezeigt wird. Es ist deswegen kein Zufall, dass sich anhand des Themas Palästina auch für Migrantifas und neue migrantische und/oder BIPOC Gruppen entscheiden wird, auf welcher Seite sie stehen. Eine Migrantifa-Gruppe, wie die in Stuttgart, welche eine palästinasolidarische Gruppe aus einem Bündnis ausschließt und sich so rechten bürgerlichen Argumenten unterwirft, verdient es nicht, als Vertreterin von Migrant*innen und BIPOC in Deutschland zu sprechen.
Es ist Zeit, endlich mit unsolidarischen, rassistischen und regressiven Gruppen zu brechen, um in Zukunft einen unbedingt solidarischen und gemeinsamen Kampf gegen Rassismus auf der ganzen Welt zu führen! Antirassismus kennt keine Ausnahmen, und jeder antirassistische Kampf ohne die Solidarität mit den Palästinenser*innen ist ein bereits verlorener, weil heuchlerischer Kampf!
Genau deshalb formulierte Palästina spricht NRW im Redebeitrag am 19.02.21 deutlich:
Wir fragen euch heute und wir werden euch auch in Zukunft immer wieder fragen: Wo steht ihr? Auf der Seite von Repression, Kriminalisierung betroffener, sich gegen Kolonialismus, gegen Besatzung aussprechender Gruppen? Oder auf der Seite von weißen, bürgerlichen, sich in einer angeblichen "Erinnerungskultur" sonnenden und dabei Rassismus verschweigenden Mehrheitsgesellschaft? Wer leistet echte antirassistische Arbeit und wer tut nur so?
Für uns ist klar wo wir stehen: Vereint im Kampf gegen Rassismus, Faschismus, Unterdrückung und Ausbeutung und vor allem solidarisch an der Seite von unseren Genoss*innen von Young Struggle in ganz Deutschland.
Palästina spricht NRW
Palästina spricht Stuttgart