Statement zurPolizeigewalt auf der Demonstration"Widerstand mit allen notwendigen Mitteln” am 25.11.2024 in Berlin
English Version below
Von der Arrest Press Unit, Alliance of Internationalist Feminists, Palästina Spricht und PA-Allies
Berlin, 26.11.2024
Am 25. November – dem Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen – nahmen über 1500 Menschen an der von der Alliance of Internationalist Feminists in Berlin organisierten Demonstration teil. Die Kundgebung zielte darauf ab, den Widerstand unserer Geschwister im historischen Palästina, im Kongo, im Sudan und auf der ganzen Welt zu würdigen, die für den miteinander verbundenen Kampf für die Befreiung von Kolonialismus, Imperialismus, Ausbeutung, Völkermord und ethnischen Säuberungen kämpfen.
Ersten Berichten zufolge wurden über 30 Teilnehmer des Protests gewaltsam festgenommen, darunter auch ein Minderjähriger. Wie bereits bei früheren Kundegebungen in Solidarität mit Palästina ging die Polizei mit unverhältnismäßiger und damit rechtswidriger Gewalt gegen die Demonstrierenden vor, was zu teilweise schweren Verletzungen und Bewusstlosigkeit führte.
Unser Dokumentationsteam, das die Demonstration begleitete, konnte die Verhaftungen und Polizeigewalt anhand von Augenzeugenberichten, Aussagen der Verhafteten sowie Video-, Audio- und Bildmaterial, das uns zur Verfügung steht, verifizieren.
Von Beginn der Kundgebung an schuf die Polizei in Kampfausrüstung eine Atmosphäre der Einschüchterung. Friedliche Teilnehemende wurden systematisch brutal behandelt: Transparente wurden gewaltsam aus ihren Händen gerissen, Menschen wurden aggressiv gestoßen, angeschrien und belästigt. Durch diese ungerechtfertigte Gewalt stürzten mehrere Menschen und verletzten sich. In der Zwischenzeit wurde bei zwei jungen palästinensischen Aktivist:innen Hausdurchsuchungen durchgeführt.
Während die Demonstration weiterging, wurden die Teilnehmer wiederholt ohne ersichtlichen Grund von der Polizei angegriffen. Die Polizei setzte zweimal Pfefferspray ein, wodurch etwa 50 Demonstrierenden in Mitleidenschaft gezogen wurden, was zu Panik unter den Demonstrierenden und zu weiteren Verletzungen führte. Es gab viele Fälle, in denen die Polizei Teilnehmende stieß, ihnen gewaltsam an die Brüste fasste und Menschen zusammenschlug, was zu verschiedenen Verletzungen unter den Demonstrierenden führte.
Es gab über 30 gewaltsame Festnahmen, darunter auch die eines Minderjährigen. Neben dem unbegründeten Einsatz von Schmerz- und Würgegriffen, dem Abdecken von Nase, Augen und Mund und dem brutalen Anlegen von Handschellen während der gewaltsamen Festnahmen wurden mehrere Personen während ihres Transports zu den Polizeifahrzeugen gewaltsam geschlagen und über den Boden geschleift. Augenzeug:innen berichteten auch, dass eine festgenommene Person im Polizeiauto geschlagen wurde und ihr der Zugang zu ihrem Anwalt verweigert wurde.
Die Demonstration wurde von der Polizei am Kottbusser Damm in der Nähe der Lichtfabrik vorzeitig beendet, wobei die Polizei die Gewalt weiter eskalieren ließ. Eine der Rednerinnen der Demo wurde ohne Grund gewaltsam aus dem LKW gezerrt und mit dem Mikrofon in der Hand zum Polizeifahrzeug geschleppt. Selbst nach dem offiziellen Ende der Demonstration setzte die Polizei ihre gewaltsamen und willkürlichen Verhaftungen fort, was die Situation weiter eskalieren ließ und das Sicherheitsgefühl der Teilnehmenden, die versuchten zu gehen, stark beeinträchtigte.
Darüber hinaus schüchterte die Polizei Journalist:innen ein und missachtete ihr Recht auf Berichterstattung. Journalist:innen wurden belästigt und aggressiv beiseitegedrängt, sodass sie ihre Arbeit nicht ausführen konnten. Die Polizei schränkte auch wiederholt den Zugang zu medizinischer Hilfe für die verletzten Demonstrierenden ein und gefährdete so die Gesundheit der Menschen. Einem Krankenwagen wurde der Zugang zu einer verletzten Person verwehrt und er wurde angewiesen, die Person trotz einer Knieverletzung zum Kottbusser Tor laufen zu lassen, um dort Hilfe zu erhalten. Eine festgenommene Person mit einem gebrochenen Ellbogen verlor im Polizeifahrzeug das Bewusstsein und erhielt erst nach einer möglicherweise lebensbedrohlichen Verzögerung einen Krankenwagen. Ein Ordner der Kundgebung wurde ebenfalls von mehreren Polizeibeamten brutal angegriffen, gewürgt und geschlagen.
Das Ausmaß der Polizeigewalt gegen die Demonstrierenden, die willkürlichen und brutalen Verhaftungen, die Blockade der medizinischen Versorgung für Bedürftige und die Einschüchterung von Journalisten zeigen deutlich, dass die Sicherheit, die Gesundheit und die grundlegenden politischen Rechte der Menschen völlig missachtet werden. Sie sind ein klarer Angriff auf die Werte der Demokratie und des zivilen Ungehorsams. Die Polizeigewalt zeigt das Ausmaß der Repressionen, die der deutsche Staat gegen diejenigen anwendet, die sich gegen Völkermord, Kolonialherrschaft und Imperialismus stellen.
Der gewaltsame Angriff der Polizei auf den friedlichen Marsch ist nur eines von vielen Beispielen für das Ausmaß der Einschüchterung und Unterdrückung abweichender Meinungen. Wir machen die deutsche Regierung für die Verletzung dieser Grundrechte und die Gefährdung der Gesundheit und des Wohlergehens der Menschen verantwortlich. Darüber hinaus fordern wir Menschenrechtsorganisationen in Deutschland auf, ihr Schweigen zu brechen. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass diese Organisationen klar Stellung beziehen und aktiv für Gerechtigkeit kämpfen, um das Vertrauen der Öffentlichkeit zu erhalten und die Menschenrechte hier und in Palästina zu schützen. Ihr Hauptzweck ist es, Missstände aufzudecken und sich für die Rechte der Betroffenen einzusetzen. Schweigen lässt die Täter ungestraft davonkommen.
Die systematische und rechtswidrige Polizeigewalt gegen Demonstrierende, die sich mit Palästina solidarisieren, muss gestoppt werden. Versammlungs- und Meinungsfreiheit gelten für alle Menschen!
Wir fordern:
einen sofortigen Stopp der Polizeigewalt und die Achtung der gesetzlichen Rechte von Minderjährigen
einen sofortigen Stopp des Einsatzes von Schmerzgriffen und Würgegriffen, Pfefferspray und Tasern
ein sofortiger Stopp der Gewalt gegen Ordner:innen, deren Aufgabe es ist, die Sicherheit der Demonstrierenden zu gewährleisten
dass der Zugang für Journalisten, die Polizeigewalt beobachten, sowie der Zugang für medizinisches Personal, das den Verletzten helfen soll, gewährleistet wird
eine rechtliche und politische Untersuchung der Polizeigewalt
die Suspendierung von Polizeibeamt:innen, die für ungerechtfertigte Gewaltakte gegen Demonstrierende verantwortlich sind
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Statement on Police Violence at the rally "Resistance by all means necessary” on November 25, 2024 in Berlin
Berlin, November 26th, 2024
By the Arrest Press Unit, Alliance of Internationalist Feminists, Palästina Spricht and PA-Allies
On the 25th of November - the International day for the Elimination of Violence against Women - over 1500 people attended the demonstration organised by the Alliance of Internationalist Feminists in Berlin. The rally aimed to honor the resistance of our siblings in historic Palestine, Congo, Sudan, and across the world, fighting for the interconnected struggle for liberation against colonialism, imperialism, exploitation, genocide, and ethnic cleansing.
According to initial reports, over 30 participants in the protest were violently arrested, including a minor. As at the previous rallies in solidarity with Palestine, the police used disproportionate and thus illicit violence against the demonstrators, causing severe injuries and loss of consciousness among the protesters.
Our documentation team, which accompanied the demonstration, verified the arrests and police violence based on eyewitness reports, statements from those arrested, as well as video, audio and image material, all of which is available to us.
From the beginning of the rally, police in riot gear created an atmosphere of intimidation. Peaceful participants were systematically brutalized: banners were violently ripped from their hands, people were aggressively pushed, shouted at and harassed. This unjustified violence caused several people to fall and be injured. In the meanwhile, two young Palestinian activists had their home searched.
As the demonstration continued, participants were repeatedly attacked by the police without apparent reason. The police used pepper spray twice, affecting around 50 protesters, leading to panic among demonstrators and to further injuries. There were many instances of police pushing, violently touching participants' breasts and beating people up, leading to various injuries among demonstrators.
There were over 30 violent arrests, including the arrest of a minor, with officers failing to contact a guardian. Besides the arbitrary use of pain and chokeholds; covering of the nose, eyes, and mouth; and brutal application of handcuffs during the violent arrests; several individuals were violently beaten and dragged along the ground throughout their transport to the police vehicles. Eyewitnesses also reported that an arrested person was beaten inside the police car, and was denied access to their lawyer.
The demonstration was prematurely terminated by the police at Kottbusser Damm, near Lichtfabrik, where the police further escalated the violence. One of the speakers of the demo was violently pulled from the truck for no reason and dragged to the police van with the microphone still in her hands. Even after the official conclusion of the demonstration, the police continued their violent and arbitrary arrests, further escalating the situation and severely undermining the sense of safety among the participants who were trying to leave.
Furthermore, the police intimidated journalists and did not respect their legal right to report. Journalists were harassed and aggressively pushed aside, preventing them from doing their work. The police also repeatedly restricted the access of medical help to the injured protesters - putting people's health at risk. An ambulance was not permitted to reach an injured person and the person was instructed by the police to walk to Kottbusser Tor for assistance despite a knee injury. An arrested person with a broken elbow lost consciousness in the police vehicle and received an ambulance only after a potentially life-threatening delay. An ordner of the rally was also brutally attacked, choked, and beaten by several police officers.
The scale of the police violence towards the demonstrators, the arbitrary and brutal arrests, the blocking of medical care for those in need, and the intimidation of journalists, clearly shows the complete disregard for people's safety, health and basic political rights. They are a clear attack on the values of democracy and civil disobedience. The police violence shows the scale of repression carried out by the German state towards those standing against genocide, colonial rule, and imperialism.
The violent attack by the police on the peaceful march is just one of the examples of the scale of intimidation and suppression of dissident voices in Germany. We hold the German government resposible for the violation of these fundamental rights and for putting people's health and well-being in danger. Furthermore, we urge human rights organizations in Germany to break their silence. It is crucial that these organizations take a clear stance and actively fight for justice to maintain public trust and protect human rights here and in Palestine. Their primary purpose is to expose abuses and advocate for the rights of those affected. Silence allows perpetrators to act with impunity.
The systematic and illicit police violence against demonstrators in solidarity with Palestine must be stopped. Freedom of assembly and freedom of expression apply to all people!
We demand:
an immediate stop to police violence, and the respect of the legal rights of minors
an immediate stop to the use of pain grips and chokeholds, pepper spray and tasers.
an immediate stop to violence against ordners, whose job is to ensure the safety of protesters.
that access for journalists to witness police violence be guaranteed, as well as access for medical personnel to assist the injured.
a legal and political investigation into the police violence.
the suspension of police officers responsible for unjustified acts of violence against
demonstrators.