Statement zur Polizeigewalt auf der Demonstration “FROM BERLIN TO GAZA” am 13. Juli 2024

Von Palästina Spricht und PA-Allies

Berlin, 14. Juli 2024

Auf unserer Demonstration “FROM BERLIN TO GAZA: Resistance is justified when people are occupied!” am 13. Juli 2024 in Berlin Steglitz/Schöneberg wurden nach erstem Kenntnisstand 32 Versammlungsteilnehmende brutal von der Polizei festgenommen. 

Unter den 32 Festgenommen waren fünf junge Männer unter 25 Jahren, acht Frauen* und drei Ordner:innen. Die Polizei wirkte mit willkürlicher und eskalierender Gewalt auf die Versammlungsteilnehmenden ein, so dass mehrere Demonstrant*innen zum Teil schwer verletzt wurden. Mindestens acht Versammlungsteilnehmende mussten im Krankenhaus behandelt werden, drei Teilnehmende wurden durch Polizeigewalt ohnmächtig; einer davon schwer verletzt. Der Schwerverletzte erlitt durch die Polizeigewalt  eine Schädel-, Lendenwirbelsäulen- und Knieprellung.

Die Dokumentation der Festnahmen und Polizeigewalt wurde durch unser Doku-Team erstellt, das die Demo begleitet hat. Die Dokumentation besteht aus Augenzeugenberichte, Zeug:innenausssagen und Aussagen der Festgenommen, sowie Video-, Audio- und Bildmaterial.

Die Polizei zog immer wieder Versammlungsteilnehmende ohne Vorankündigung einer Maßnahme und ohne polizeiliche Ansprache brutal aus der Menge. Die Polizei eskalierte durch ihr grundloses und unverhältnismäßiges gewaltsames Vorgehen wiederholt und brachte nicht nur die festgenommenen Personen, sondern auch alle anderen Versammlungsteilnehmenden damit in Gefahr. Mehrmals kesselte die Polizei die Demonstrierenden ein und prügelte wahllos auf sie ein. Auch stürmte die Polizei mehrmals die Demonstration, so dass Massenpaniken erzeugt wurden. 

Zudem halten wir fest, dass die Polizei insbesondere rassifizierte Jugendliche und junge Männern attackiert und festnimmt. Wir prangern diese rassistische Polizeigewalt besonders stark an, da es sich hier oft um palästinensische Jugendliche aus Gaza handelt, die unbegleitet nach Berlin geflüchtet sind. Während ihre Familien der genozidalen Gewalt des Besatzungsstaates ausgesetzt sind, erleben sie hier Polizeigewalt.

Konkret konnte das Dokumentationsteam die Anwendung folgender Polizeigewalt festhalten:

  • Brutales zu Bodenbringen der festgenommen Person durch mehrere Polizeibeamt:innen

  • Tritte, und Schläge, auch wenn die festgenommene Person bereits am Boden liegt

  • Mehrfache Kopfnüsse mit Polizeihelm gegen die festgenommene bereits fixierte Person

  • Verdrehung der Handgelenke und Arme hinter dem Rücken

  • Knien auf der am Boden liegenden Personen

  • Gewaltvolles Abführen der festgenommen Person mit abgedeckten Augen, Nase, Mund und teilweise mit Würgegriff

  • Schlagen der festgenommen Person im Polizeiwagen

  • Schlagen und Boxen ins Gesicht und in den Bauch

  • Schmerzgriffe am Hals und Augen

  • Über-den-Boden-Schleifen

  • Anwendung von Quarzsandhandschuhen

  • Verhinderung von Kontakt zwischen festgenommener Person und Zeug:innen / Anwält:innen zur Mitteilung persönlicher Daten

  • Festgenommene Personen wurden direkt im Polizeiwagen weggefahren 

  • Bei Minderjährigen wurde kein Elternteil oder Erziehungsberechtigter kontaktiert

  • Gewaltvolles Boxen auf den Schädel einer Person mit Fahrradhelm, Würgen und Schlagen des Kopfes der Person gegen das Polizeiauto


Verletzungen durch Polizeigewalt

Wir beobachteten, dass bei sämtlichen Festnahmen brutale Polizeigewalt angewandt wurde. In mehreren Fällen wurden die festgenommen Versammlungsteilnehmenden stark verletzt durch Polizeigewalt. Wir halten fest, dass wir 24 Fälle von körperlicher Verletzung aufgenommen haben, jedoch ist die Dunkelziffer wahrscheinlich sehr viel höher, da nicht jede verletzte Person sich gemeldet hat oder Hilfe aufsuchte. Ein Versammlungsteilnehmer im Rollstuhl wurde von Polizeibeamten am Bein geschlagen, so dass er sich ebenfalls ins Krankenhaus zur Behandlung begeben musste.

Exemplarisch beschreiben wir hier drei Fälle besonders schwerer Polizeigewalt:

Ein rassifizierter junger Mann (20) wurde gewaltsam festgenommen und in eine Seitenstraße geführt.  Zwei Polizisten hielten ihn mit Schmerzgriffen fest und und zogen seinen Kopf nach hinten mit einer Hand über Augen und Nase, während die andere Hand seinen Arm hinter dem Rücken verdrehte. Die Polizisten drängten den Mann in einen Hauseingang und in den Polizeiwagen, so dass die Zeug:innen keinen Kontakt mit ihm aufnehmen konnten, um Daten festzuhalten. Der Betroffene berichtet, die Polizei hätte ihn grundlos verfolgt, zu Boden geschmissen, Handschellen angelegt. Er sagte den Polizisten, dass er starke Schmerzen am Arm hatte, worauf die Polizei jedoch nicht reagierte. Stattdessen führten sie ihn im Würgegriff ab, so dass er nicht mehr sprechen konnte und auf die Zeug:innen nicht mehr reagieren konnte. Der Betroffene berichtet auch, dass die Polizeibeamten ihn mit Ellenbogen ins Gesicht, Bauch und Hals schlugen. Im Krankenhaus wurde eine Armverletzung, sowie mehrere Prellungen festgestellt.

Ein rassifizierter Mann (35) wurde von der Polizei gezielt aus der Demonstration gezogen. Die Polizisten brachten ihn brutal zu Boden, drückten sein Gesicht auf den Boden, setzten sich auf seinen Rücken, schlugen ihn und legten Handschellen an. Dann führten sie den bereits fixierten Festgenommen zu einem Hauseingang, knallten ihn gegen die Wand. Ein Polizeibeamter gab ihm mehrere Kopfnüsse mit seinem Sturmhelm, so dass seine Nase stark blutete. Im Polizeiwagen wurde der Betroffene von zwei Polizisten am ganzen Körper geschlagen, so dass er ins Krankenhaus zur Behandlung musste. 

Ein rassifizierter junger Mann (21) wurde von der Polizei gestoßen und fiel mit dem Kopf gegen die Bordsteinkante. Demonstrant:innen versuchten ihm zu helfen, doch er wurde von der Polizei erneut gestoßen und knallte mit dem Steißbein gegen eine Steinkuppel. Der junge Mann wurde ohnmächtig und brauchte medizinische Notfallversorgung und wurde ins Krankenhaus geliefert. Während seiner Versorgung sagte der Betroffene, dass er seine Beine nicht mehr spüre und Strom im ganzen Körper spüre. Er erlitt durch die Polizeigewalt  eine Schädel-, Lendenwirbelsäulen- und Knieprellung.

Weiterhin stellte das Dokumentationsteam fest, dass die Polizeibeamt:innen auch bei sichtlichem psychischen Stress, Schmerzen und Angst oder auch Verletzungen der festgenommenen Personen nicht angemessen reagierten. Anstatt die Situation zu deeskalieren oder der Person die benötigte medizinische Hilfe zu leisten, ignorierten die Polizeibeamt:innen die Not der festgenommenen Personen und fuhren mit ihrer Festnahme fort.

Die Demonstration wurde von der Polizei frühzeitig vor offiziellem Ende aufgelöst. Die Polizei setzte zur Auflösung erneut willkürliche Polizeigewalt ein und kesselte die Demonstrierenden ein. Nachdem die Polizei erneut die Menge gestürmt und mehrere Personen brutal zu Boden gebracht hatte, lagen mehrere Verletzte Versamlungsteilnehmende auf der Straße und mussten medizinisch behandelt werden. Die Polizei führte jedoch ihre Angriffe auf die Versammlungsteilnehmenden weiter. Schlussendlich musste die Feuerwehr kommen und ein Notfallzelt aufbauen, um die Verletzten zu versorgen. 

Wir sehen hier erneut, wie die Berliner Polizei grundlos, unverhältnismäßig und außerhalb jeglichen Rechts mit starker Polizeigewalt versucht eine Demonstration niederzuschlagen anstatt das Recht auf Versammlungsfreiheit zu gewähren. 


Polizeigewalt muss gestoppt werden

Die Polizeigewalt, die systematischen Festnahmen gerade von jungen Palästinenser:innen oft mit Fluchtgechichte aus Gaza, muss gestoppt werden. 

Versammlungsfreiheit und Meinungsfreiheit müssen für alle Menschen gelten. 



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English version

Statement on police violence at the demonstration "FROM BERLIN TO GAZA" on July 13, 2024

By Palestine Speaks and PA-Allies

Berlin, July 14th 2024

At our demonstration "FROM BERLIN TO GAZA: Resistance is justified when people are occupied!" on July 13th, 2024 in Berlin Steglitz/Schöneberg, 32 protest participants were brutally arrested by the police according to the initial information the documentation team was able to gather. Among the 32 arrested were five young men under the age of 25, eight women* and three protest stewards. The police used arbitrary and escalative violence against the demonstrators, resulting in several demonstrators being injured, some of them seriously. At least eight protesters had to be treated in hospital, three participants were knocked unconscious by police violence; one of them was seriously injured. The seriously injured man suffered bruising of the skull, lumbar/lower spine, and knee as a result of the police violence.

The documentation of the arrests and police violence were produced by our documentation team, who accompanied the demonstration. The documentation consists of eyewitness reports, testimonies and statements of the arrested, as well as video, audio and image evidence.

The police repeatedly and brutally dragged demonstrators out of the crowd without any prior warning or communication with the protest organizers. The police repeatedly escalated their unprovoked, and disproportionate use of violent force, putting not only those arrested but also all other protest participants in danger. The police kettled the demonstrators several times and beat them indiscriminately. Additionally, the police shoved and pushed the protestors until they were unable to move, and stormed the demonstration several times, causing mass panic. 

We also note that the police executed targeted attacks and arrests of racialized adolescents and young men in particular. We severely and unequivocally denounce this racist police violence. The targeted victims of this violence are often Palestinian adolescents from Gaza, who have fled to Berlin unaccompanied, while their families are exposed to the genocidal violence of the occupation.

Specifically, the documentation team was able to record the use of the following police violence

  • several police officers brutally forcing arrested persons to the ground

  • kicking and punching the arrested persons even when they are already on the ground

  • headbutting with a police helmet against the arrested person who is already restrained

  • twisting of the wrists and arms behind the back

  • kneeling on the person lying on the ground

  • violent removal of the arrested person with eyes, nose and mouth covered and sometimes with a chokehold

  • punching in the face and stomach

  • painful grips and hold tactics on the neck and eyes

  • dragging across the floor

  • use of quartz sand gloves

  • preventing contact between the arrested person and witnesses/lawyers to communicate personal data

  • Arrested persons were driven away directly in the police cars 

  • In the case of minors, no parent or legal guardian was contacted

  • violent punching on the skull of a person wearing a bicycle helmet, choking, and hitting the person’s head against the police car


Injuries caused by police violence

We observed that brutal police violence was used in all arrests. In several cases, the arrested demonstrators were severely injured by police violence. We note that we recorded 24 cases of physical injury, but the number of unreported cases is probably much higher, as not every injured person came forward or sought help. One assembly participant in a wheelchair was hit on the leg by police officers, so that he also had to go to hospital for treatment.


As examples, we describe three cases of particularly serious police violence:

A racialized young man (20) was forcibly arrested and led into a side street. Two police officers held him down with painful grip tactics and pulled his head backwards with one hand over his eyes and nose, while the other hand twisted his arm behind his back. The police officers forced the man into a doorway and into the police car so that the witnesses could not make contact with him to record his details. The victim reported that the police chased him for no reason, threw him to the ground and handcuffed him. He told the police officers that his arm was in extreme pain, but the police did not respond. Instead, they led him away in a chokehold so that he could no longer speak and could no longer respond to the witnesses. The victim also reported that the police officers elbowed him in the face, stomach and neck. An arm injury and several bruises were diagnosed at the hospital.

A racialized man (35) was deliberately pulled out of the demonstration by the police. The police officers brutally brought him to the ground, pressed his face to the ground, sat on his back, beat him and handcuffed him. They then led the arrested man, who was already restrained, to the entrance of a house and slammed him against the wall. A police officer hit him several times in the head with his riot helmet, causing the victim’s nose to bleed profusely. In the police car, the victim was beaten all over his body by two police officers so that he had to go to the hospital for treatment. 

A racialized young man (21) was pushed by the police and fell with his head against the curb. Demonstrators tried to help him up, but he was pushed again by the police and hit his tailbone against a stone dome. The young man lost consciousness and needed emergency medical treatment and was subsequently taken to hospital. While being treated, the victim said he could no longer feel his legs, and felt electrical sensations throughout his body. He suffered a bruised skull, lumbar spine and knee as a result of the police violence.

Furthermore, the documentation team found that the police officers did not react appropriately even when the detained persons were visibly under psychological stress, in pain and fear or injured. Instead of de-escalating the situation or providing the person with the necessary medical assistance, the police officers ignored the distress of the arrested persons and continued with their arrest.


Police stopped the demo

The demonstration was broken up by the police well before it officially ended. The police again used arbitrary violence to break up the demonstration and kettled the demonstrators.   After repeatedly storming into the crowd and brutally bringing several people to the ground, many injured participants lay on the street needing medical attention. Regardless thereof, the police continued their attacks on the demonstrators. In the end, the fire department had to come and set up an emergency tent to treat the injured. 

Once again, we see how the Berlin police, without cause, disproportionately, and outside the bounds of the law, attempt to suppress a demonstration with severe police violence instead of upholding the right to freedom of assembly.


Police violence must be stopped

The police violence and systematic arrests, especially of young Palestinians – often with a refugee background from Gaza – must be stopped. 

Freedom of assembly and freedom of expression must apply to all people!

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